Wo Rock auf Polka trifft und die Trachtengilde den lippischen Landregen besiegt

Schieder-Schwalenberg (an). Das war ein Schock: Gerade hatte „Burnaventura“ bei der Schwalenberger Rock-Sum- mer-Night sehr ordentliche Aufwärmarbeit erledigt und sich die Tribüne am Dohlenberg gefüllt, da legte nicht nur die Band „Captain Dumbnut“ so richtig los, sondern auch der Regen. Doch die Trachtengilde ließ sich zum Auftakt des Internationalen Trachten- und Folklorefestivals nicht ins Bockshorn jagen und machte das Beste draus.

Während „Captain Dumbnut“ vor sich leerenden Rängen tapfer ausharrte, rauchten in der Schutz bietenden Schützenhalle die Köpfe. Doch die Jungs von „Time out“, geplanter Topakt des Abends, waren sich schnell mit der Trachtengilde einig: „Wir ziehen in die Halle um.“ „Wir müssen halt das Beste draus machen“, zuckte Gildechef Eddie Smulders mit den Achseln. Im strömenden Regen packten alle mit an und brachten die technische Ausrüstung auf die kleine Bühne in der Schützenhalle. Das Technikteam um Fritz Köller und Richard Loer gab alles, und schon stand die Anlage.

Derweil ließen sich die Gastgruppen aus aller Welt die Zeit nicht lang werden, allen voran die Italiener: „Elefanto, Elefanto“ – ein improvisiertes Ringelreihen für Kinder fand auch bei den Großen Anklang, und wenig später zog eine italienisch- slowenische-dominikanische- schweizerische-deutsche Polonaise durch den Saal. Das ist ein Phänomen, das das Trachtenfest zu einem so einzigartigen Ereignis macht: Menschen aus aller Welt treffen sich, auch wenn sie die Sprache des anderen nicht sprechen, in Tanz und Musik.

Dann konnte „Time out“ durchstarten. Und das ließ sich die Band nicht zweimal sagen. Nach dem abrupten Umzug von der Dohlenbergbühne hätte man meinen können, es dauere, bis die Zuhörer wieder auf Betriebstemperatur kamen.

bild030806Doch weit gefehlt: Eine Gruppe bestens gelaunter junger Damen postierten sich vor der Bühne, geriet ratzfatz in Schwingungen und riss das übrige Publikum mit. Bassist Henry Heidsiek gönnte sich ein Bad in der Groupie-Gruppe, sah er sich doch unver- sehens von bildhübschen, tanz- wütigen Italienerinnen umringt, als er mit dem Bass zur Hörprobe kurz von der Bühne kam. Der Funke sprang einfach über, und irgendwann dichtete der fassungslose Gitarrist und Sänger Thomas Krüger „Sweet home Alabama“ in „Sweet home Schwalenberg“ um. „Ihr seid super“, rief er dem Publikum zu, das immer mehr auf die Tanzfläche drängte. Die Begeisterung wollte kein Ende neh- men, mittlerweile hatten sich auch die slowenischen Gäste und die Tänzer aus der Dominikanischen Republik unters Volk gemischt. 40 Jahre Rock- und Popgeschichte verbinden Menschen in aller Welt, das bewies „Time Out “ an diesem Abend im Verein mit den Zuhörern.

Und dann der Bruch, der nur musikalisch einer war. Nur mit Mühe war es der Band gelungen, in der kochenden Halle einen Gang zurückzuschalten. Mit „a whiter shade of pale“ brachten sie ein wenig Ruhe in die Halle, und der Schwof-Hit hätte ein Rausschmeißer werden können. Doch da stand schon die Gruppe aus Slowenien mit Quetschkommode und Blechbläsern Gewehr bei Fuß – und es ging nahtlos weiter. In Nullkommanichts hatten die jungen Abrocker ihre Tanzpartner bei der Hand und schon legten sie quer durch die Nationen mit derselben Begeisterung eine schmissige Polka aufs Parkett, mit der sie eben noch zu „Born to be wild“ abgetanzt hatten.

Hier zeigte es sich wieder: Die Trachtengilde schafft es nicht nur, die Völkerverständigung zu fördern, die Jugend aus aller Welt in Tanz und Musik zu vereinen. Trotz Regens: Ein rundum gelungener Abend – nicht zuletzt dank eines grandiosen Veranstalters. Es kommt halt drauf an, was man daraus macht.

Quelle: www.lz.de

Sweet home Schwalenberg